Voodoo-schwarze Magie-Animismus-Fetisch

Fälschlicherweise werden die Naturreligionen Westafrikas als Animismus bezeichnet, ein Begriff, der sich ausschließlich auf die Verehrung von Seelen bezieht (so steht es im Reise-Know-How Westafrika). Viele traditionelle afrikanischen Naturreligionen beinhalten jedoch die Vorstellung eines Haupt-, Hoch- bzw. Schöpfergottes. Die Seelen und Geister sind nur ein Teil des komplexen Glaubensgebäudes, das je nach Land und Kultur auch immer wieder variiert.

 

Weiter heißt es im Reise-Know-How: “Die “ursprüngliche” Welt der Afrikaner ist erfüllt von einer Vielzahl von Göttern und Geistern jeder Art, denn für die Afrikaner sind unsichtbarer Mächte ebenso real wie alltägliche Gegenstände. Oberstes Gebot ist es, die Harmonie der kosmischen Kräfte aufrechtzuerhalten und zu respektieren. Fetischmeistern, Zauberern oder Medizinmännern obliegt es, die kosmische Harmonie durch Rituale wiederherzustellen.”

 

Dies wird keine wissenschaftliche Abhandlung über Naturreligionen (obwohl das Thema sehr interessant ist). Das würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.

 

 

Wichtig für unsere erste Bekanntschaft mit den Göttern ist aber vielleicht folgenden Information:

Gottheiten der dritten Stufe (oder auch Clan-, Dorf- oder Familiengottheiten, Gottheiten für einzelne Individuen):

Sie sind bei den Menschen geblieben, um ihnen bei den täglichen Schwierigkeiten zu helfen. Man findet sie in der Natur, in Naturelementen oder in Objekten (wie z.B. Bäume, Steine,…), wo man sie verehren kann. “Aus der ihnen geopferten Nahrung beziehen diese Gottheiten die Energie, die dazu notwendig ist, die Welt zu erhalten, die Naturelemente zu beherrschen und die Ordnung zu bewahren. Diese untergeordneten Gottheiten sind den Menschen in sofern ähnlich, dass sie ähnliche Charakterzüge haben. Die Riten sollen sie –je nach Bedarf- beschwichtigen oder anstacheln.” (Reise-Know-How)

Fetischpriester bannen niedere Geister in einen profanen Gegenstand, der dann zum Fetisch (Symbol) wird. Durch diesen Fetisch hat er die Macht den darin wohnenden Geist zu beschwören. Auch diesen Geistern muss man ständig opfern, damit sie kein Unheil anrichten.

 

 

Von unserem auf die Bijagos Inseln ausgewanderten Spanier sein lebendig und sehr lustig erzähltes Erlebnis:

Melchior erklärt, dass er es mit seinem erfolgreichen, kleinen Restaurant nicht immer leicht in der Dorfgemeinschaft hat, da diese gerne am Profit beteiligt sein möchte. Eines Tages macht man ihm klar, dass auch er auf die Gunst der Götter angewiesen sei und lädt ihn zu einem Ritual ein. Da muss er dann wohl hin…

Die wichtigsten Männer und Frauen des Dorfes sitzen gemeinsam mit dem Spanier in einem Kreis zusammen. In der Mitte wird ein Huhn geopfert. Das kopflose Federvieh rennt direkt auf Melchior zu und springt ihm auf die Brust, was von den Dorfbewohnern positiv zur Kenntnis genommen wird. Wird er doch somit von den Göttern akzeptiert. Melchior hingegen hat sich von dem Schrecken erst am nächsten Tag erholt und sein blutverschmiertes T-Shirt entsorgt.

 

So weit nun halbwegs integriert wird er zur nächsten Zeremonie eingeladen. Vor einem Stück vertrocknetem Holzstück sitzend erklärt der Clanchef, dass der Gott (mit einer bedeutungsvollen Geste zeigte er auf den Ast) hungrig sei.

“Oh, he is hungry?”, meint Melchior mit gespielter, sorgenvollen Miene und ahnt nichts Gutes. “That´s not good. What can we do? God can´t be hungry….tststs.”

Reis würde den Hunger schon stillen, wird ihm gesagt.

“And how many rice would this God need?”

Nun ja, so 20 Sack (à 50 kg Reis) wären schon gut.

“20 ???”, und dabei reißt er die Augen auf und gestikulierte wild um sich. “This God is very hungry. What about 2 ? That´s plenty for one God.”

Man einigte sich auf 5 Sack, da Melchior ja sicherlich nicht den Zorn dieses Gottes auf sich und sein Restaurant ziehen wolle……

 

Wenige Monate später wird er wieder eingeladen. Wir haben Durst, heißt es da vom Clanchef.

Melchior: “Ah, YOU are thursty. Tststs.”

Ähm, nein. Die Götter selbstverständlich.

Diesmal wohnen sie (wohl gleich mehrere) in einem alten Baumstamm. Sie wollen Palmwein und zwar viel davon. Aber auch hier wird wieder verhandelt und man wird sich einig, dass die Götter sicherlich mit 120 Litern zufrieden seien.

 

Melchior hat kein Problem damit, die Dorfgemeinschaft an seinem Gewinn teilhaben zu lassen. Teilen ist hier üblich. Doch wenn es überhand nimmt, kann er auch nicht mehr so gut damit umgehen. Verärgern sollte man die Einheimischen aber sicher nicht, meint er noch, doch auf der Nase herumtanzen lässt er sich auch nicht. Diese Gratwanderung hat er bisher immer gut hingekriegt.

 

 

Schwarze Magie

Reise-Know-How Westafrika meint hierzu: “Von magischen Praktiken ist dann die Rede, wenn der Mensch mit Kräften, die eher der Unordnung als der Ordnung angehören, seinen Willen erzwingt, um dem normalen, oftmals unvorteilhaften Leben zu entgehen.” Was dem einem nützt, schadet dann leider oft dem anderen. Mit Hilfe von Zaubermitteln und Symbolen wird versucht, den Verlauf der Dinge zu modifizieren.

 

Eine Österreicherin, die lange mit einem Senegalesen verheiratet war und in der Casamance (Senegal) zu Besuch ist erzählt:

“Ich liebe Senegal und würde gerne hier wohnen. Doch die Einheimischen sind sehr eifersüchtig und neidisch. Ein Leben hier wäre nur möglich, wenn ich mich dem Standard des Dorfes anpassen würde, womit ich größtenteils kein Problem hätte. Sobald aber auch nur ein bisschen westlicher Luxus z.B in Form eines Solarpanels auftaucht, hätte ich ein Problem. Schwarze Magie…!!”

Am nächsten Morgen besucht sie uns erneut. Ich komme gerade aus der Dusche und kämme mir die Haare. In meinem Kamm bleiben einige Haare hängen. Wie üblich reinige ich meinen Kamm und lasse die Haare vom Wind wegtragen. Wir sind ja in der Natur.

Die Österreicherin ist geschockt. Niemals solle ich das wieder tun. Auch solle ich keine abgeschnitten Fingernägel unachtsam “herumliegen” lassen. Auch meinen richtigen Namen soll ich niemandem verraten, keine Wäsche nachts draußen hängen lassen und aufpassen, wenn ich mit Didi im Meer schwimmen gehe.

Das ist viel auf einmal. Ich frage verdutzt nach, weshalb das alles so schlimm ist.

“Schwarze Magie”, sagt sie, “ist hier allgegenwärtig.”

“Aha. Ok.” Ich weiß nicht genau, wie ich darauf reagieren soll und warte auf weitere Erklärungen. In welche Richtung wird dieses Gespräch wohl gehen….

“Mit deinen Haaren, Fingernägeln, Namen, Dinge, die du vielleicht verschenkst, also allem Persönlichen könnten sie “etwas anfangen”…(bedeutungsvolle Pause)”

“Und was könnten “sie” (wer jetzt?) damit “anfangen” ?”

“Nun, natürlich nicht alle, aber viele Einheimische würden gerne nach Europa gehen. Eine oder einen Weißen zu heiraten ist da eine sehr gute Möglichkeit.”

Gut, so weit haben wir auch schon Erfahrungen gesammelt und schier endlose Diskussionen geführt, dass in Deutschland zu leben nicht (mehr) unbedingt so erstrebenswert ist. Klima, soziale Strukturen und Lebensumstände würden unserer Meinung nach den meisten familien- und naturverbundenen Afrikanern nicht gefallen. Sie würden sich einfach nicht wohl fühlen. Glauben wollte uns das zwar bisher niemand, aber wir haben wenigstens versucht, das Bild vom Schlaraffenland etwas zu korrigieren.

Zurück zu meinen Haaren und Fingernägeln und dem Punkt “etwas anfangen”:

“Damit (mit allem Persönlichen) erhalten “sie” Macht über dich und können so zu ihrem Ziel gelangen. Schwarze Magie kann sogar bis zum Tod führen. Du solltest nicht so leichtfertig damit umgehen.”

Ich staune und fühle mich nicht mehr so wohl, möchte das Thema wechseln und komme auf die Wäsche zu sprechen. Ich habe tatsächlich noch nie beobachtet, dass Wäsche hier über Nacht draußen hing. In der Zebrabar (Nordsenegal) haben mir die Frauen, denen ich meine Wäsche zum Waschen gegeben hatte, diese teilweise sogar noch feucht vor Sonnenuntergang wieder zurückgebracht. Ich dachte, es sei wegen der Mangofliege. Von der hat uns ein deutsches Reisepaar erzählt. Diese Fliege würde nachts ihre Eier in die feuchte Wäsche legen. Zieht man sie dann an, wandert das Ei unter die menschliche Haut. Dort entwickelt sich eine Larve. Die Made schlüpft dann munter nach einigen Wochen aus. Das Paar meinte noch, dass das eine saubere Sache sei, denn nach dem Ausschlüpfen würde nichts weiter im Körper verbleiben. Keine Krankheit oder so was… “Äh…ok, auch Recht.”

In diesem Fall geht es aber nicht um die Mangofliege, sondern um schwarze Magie. Hm, doch schon wieder.

“Jemand könnte ja nachts eines deiner Wäschestücke wegnehmen, damit etwas anfangen und, von dir unbemerkt, wieder hin hängen”, meint sie.

Schon wieder dieses “etwas anfangen” und immer diese vagen Andeutungen, ohne genauer zu erklären. Nun denn… Jetzt will ich aber doch noch wissen, weshalb ich beim Schwimmen im Meer mit Didi aufpassen soll.

“Hast du noch nicht bemerkt, dass sobald du und Didi ins Wasser gehen auch ein Schwarzer ins Wasser geht?”

“Nö, eigentlich nicht”, denke ich mir, frage aber: “Was ist daran schlimm?”

“Sie wollen zwischen euch gehen.”

“Hä, wie jetzt?”

“Sie wollen euch als Paar trennen, damit “sie” nach Deutschland kommen.”

“O.k. und das tun sie im Wasser”, denke ich mir, innerlich meinen Kopf schüttelnd und gar nichts verstehend.

Ich nehme die restlichen Haare aus meinem Kamm, werfe sie in unseren! Mülleimer, der sicher in unserem! Auto steht und sie zieht zufrieden von dannen.

 

Es gibt mit Sicherheit mehr zwischen Himmel und Erde, als die Schulweisheit erklärt, hat meine Oma immer gesagt. Aber das ist mir dann doch zu viel Panikmache.

 

Kurz nach dem Schreiben dieses Berichts wache ich mitten in der Nacht auf. Ich träume nicht. Sicher nicht! Ich höre eine mir bekannte Stimme, die sagt: “Germany, germany. This is for me. I m jealous.”

Das stimmt mich dann doch nachdenklich und ich Suche am nächsten Morgen den Unterboden unseres Autos nach Drogen, denn die besagte Person weiß, dass wir heute über die Grenze nach Gambia fahren wollen. Ich finde nichts. Beim Abschied kann mir dieser Mensch aber nicht in die Augen schauen…

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