11.03.2017
Wir verlassen die einzige Teerstraße Gabuns bei Mayene, um in den Lope Nationalpark zu fahren. Die Landschaft soll in der Gegend toll sein und sowohl Elefanten als auch Gorillas soll es geben. Gerade die Gorillas interessieren uns.
Die Landschaft öffnet sich und weite Ebenen überraschen uns. Ob diese von radikalem Kahlschlag stammen? Manche sagen ja, aber es gibt auch Stimmen, die meinen das könnte gar nicht sein, da es schon Jahrhunderte zurückliegen müsste. Was wiederum mit den damalig technischen Mitteln schwer möglich gewesen wäre.
Wie dem auch sei. Das Landschaftsbild, das sich uns bietet begeistert uns. Endlich kann man mal wieder die Augen schweifen lassen und die Ferne genießen. Im Regenwald ist es manchmal schon etwas “bedrückend”
Nein, ich habe VAnGO nicht dort abgeliefert!
Wunderschöner Übernachtungsplatz auf einem Hügel mit Blick auf den Fluss. Wir sind begeistert.
Ausblick von unserem Bett
Abendglühen
Der Zug nach Franceville fährt abends an uns vorbei (Die Fahrt mit dem Zug soll übrigens eines der Highlights eines Gabun Urlaubs sein.)
Und Morgens werden wir von Rangern, die zufällig vorbeikommen, um unseren Frühstückskaffee gebracht. Wir sollen weiterfahren meint man bestimmt, da wir uns schon im NP befinden. Ok wir wollten eh gerade packen, warum also diskutieren, dass es weder Schilder gibt noch, dass das Office zum Park 3 Fahrstunden weiter steht.
Dort befindet sich auch eine Luxuslodge, die wir neugierig besuchen.
Der supernette Manager gibt uns die Preise für Safaris im Park. Selbstfahren nicht möglich…..Elefanten, Büffel, Affen kann man garantiert sehen meint er.
Als ich ihn frage wie es mit Gorillas aussieht, nur daran hätten wir Interesse…..kommt ein klaren “Nein, keine Chance hier” zurück.
Na das ist wenigstens ehrlich denke ich mir!
“Aber ich kenne jemanden, der kann euch zu Gorillas führen! Die gibt es weiter unten bei Mikongo”
Wir horchen auf und lassen uns den Namen geben, bedanken uns und fahren weiter, nachdem wir noch etwas auf dem wunderschönen Areal herumgelaufen sind.
Weit kommen wir nicht…..ein Polizist hält uns an einer Straßensperre auf.
“Woher, wohin, was wollt ihr usw”
“Nach Mikongo, wir wollen zu Gislain Ngonga”
“Der ist nicht dort! Der ist mit seinen Kindern im Busch”
Aha, hier kennt jeder jeden und der Polizist an der Straße sieht ja auch jeden vorbeikommen und hält immer ein Pläuschchen…….das hat durchaus auch seine Vorteile. Nach Mikongo sind es 2 Stunden Fahrtzeit wenn alles gut läuft!
Der Polizist greift zum Telefon und eine Stunde später ist unser Sofa voll mit Gislains Kindern.
Das sind übrigens nicht alle seine Kinder. Es fehlen noch 2 und am liebsten würde Gislain so zwischen 12 und 20 haben…….Nur die Frau fehlt ihm im Moment. Er ist alleinerziehend seit 5 Jahren!
Respekt Gislain, so guterzogene Kinder findet man selten. Weder hier noch in Europa.
Wir sind uns nicht sicher was uns erwartet. Natürlich sind wir hier nicht im Zoo und wilde Gorillas sind mehr als scheu und auch nicht ungefährlich. Ggilain sagt, dass die Chancen bei 60% liegen, dass er uns zu einer Gruppe führen kann.
Wir kennen ihn nicht und es kann sein, dass wir hier eine Menge Geld bezahlen für einen totalen Reinfall. jeder hier schimpft sich schnell “Guide”, auch wenn er nur als kleiner Junge einmal im Busch war. Aber der Preis den wir aushandeln ist durchaus akzeptabel, billiger werden wir wohl nie mehr die Chance haben. Also zugreifen, auch wenn es vielleicht nur ein Wandertag wird.
Wir decken uns noch mit Lebensmitteln ein und ein paar Militärjungs wollen unbedingt mit Dani fotografiert werden
Gislain fährt nun mit uns nach Mikonko. Die Piste dorthin führt durch wunderschöne Gegend, ist manchmal gut,
manchmal aber auch nicht
Bei Mikongo geht es dann noch 9km in den Urwald
zu einer aufgelassenen Gorilla Research Station. Nun erst erzählt uns Ggilain, dass er knapp 20 Jahre seines Lebens mit Gorillas verbracht hat. Er hat hier gearbeitet und ist der einzige, der geblieben ist. Er liebt die Natur und die Tiere und will hier nicht mehr weg….auch wenn es oft nicht einfach ist für ihn hier.
Wir scheinen den richtigen Mann getroffen zu haben. Wie dem auch sei, Ggilain ist durch seine zurückhaltende freundliche Art ein extrem angenehmer Bursche.
An der Station liegen noch einige Skelette herum welche sehr interessant für uns sind. Wann bekommt man schon einmal einen Gorilla oder Elefantenschädel zu Gesicht?
Dies ist EIN Elefantenzahn!
Die Nacht wird überraschenderweise kühl und angenehm. Wir genießen die Geräusche des Urwaldes und träumen bald friedlich vom morgigen Tag.
Noch in der Morgendämmerung brechen wir auf.
Wir folgen Ggilain in einem Wirrwarr von kleinen Trampelpfaden in den Busch.
Schon nach 10 Minuten bereue ich, nicht mein Handy dabei zu haben. Ohne Navigation und Standort unseres Auto habe ich keine Chance mehr zurückzufinden…..und das schon jetzt, wo wir gerade mal 500 Metern Luftlinie von VAnGO entfernt sind.
Der Weg führt vom Camp weg über eine Hängebrücke über eine kleinen Fluss und dann über Pfade, die zwischen einem Meter und 30cm breit sind. Die meisten scheinen Trampelpfade von Elefanten zu sein, denn ihre Fußstapfen sind kaum zu übersehen.
So tief im Regenwald herrscht ein unbeschreiblicher Geruch. Er verfolgt uns regelrecht. Oder doch eher wir ihm?
Es ist modrig hier. Ich erinnere mich an den Geruch aus meiner Kindheit, als ich oft in uralten Bauernstuben zu Besuch war. Dort hat das alte modrige Holz der Decken und Dielenfußböden ähnlich gerochen.
Hier jedoch hat man immer wieder einen anderen Geschmack in der Nase. Es mischt sich süßlich der Geruch von Elefantenkot und der fruchtige gärende Geschmack der Früchten mit unserem eigenen Schweißgeruch, der nicht zu verleugnen ist. Es ist fürchterlich schwül und selbst wenn man nur herumsteht tropfen einem die Schweißperlen an der Nasenspitze herunter.
Es klingt lächerlich, aber es scheint abzukühlen wenn man sich bewegt!
Ich erinnere mich an die Geschichte von dem Kamel, das durch die Wüste rennt und irgendwann Tod umfällt …..Es ist weder verdurstet noch vor Erschöpfung gestorben. Nein es ist erfroren
Wir sind nun knapp 2 Stunden unterwegs. Schweigsam ohne ein Wort. Nur Handzeichen und leises Flüstern sind erlaubt und auch ein leises Auftreten ohne Ästeknacken wäre schön. Ggilain bleibt immer wieder unverhofft stehen und horcht. Manchmal hat er Spuren entdeckt. Vermutlich sieht er ständig Spuren und zeigt uns nur die wirklich Wichtigen.
Dieser Mann ist unfassbar. Nie habe ich einen solch guten Fährtensucher gesehen. Noch nicht einmal in den Karl May Filmen waren die so gut wie er!
Plötzlich über uns ein Geräusch, das uns sofort an Jurassic Park erinnert, als der Flugsaurier über den Köpfen kreist. Flapp, flapp, flapp, ssssssss. Genau dieses Geräusch ist es, wir sind uns sicher! Unglaublich laut halt es zu uns herunter. Weit oben in den Baumwipfeln fliegt ein riesiger Hornvogel aufgeschreckt davon.
Unter uns ein Kothaufen von Antilopen, der bedingt durch die Luftfeuchtigkeit hier in kürzester Zeit verschimmelt….irgendwie schaut selbst das schön aus 😛
Aufgeschreckt springen immer wieder Mandrills und andere Affen in den Bäumen und im Wald umher.
Nun frische Spuren von Buschschweinen und ein großer Platz, an dem es riecht wie in einer Schwarzbrennerei.
Die Tiere finden hier bestimmte Früchte, die sie lieben. Die harte Frucht in der Größe einer Mandarine fängt am Boden liegend das gären an und somit bildet sich etwas Alkohol…..ja die Viecher wissen was sie wollen 😉
Frisch gepflückt schmeckt diese übrigens auch uns 🙂 Es ist die Bamou Frucht, sie haben eine Haut wie ein Granatapfel. darunter ist eine weiße klebrige Faserschicht, und im gelben Fruchtfleisch stecken vier Nüsse. Diese werden von Gorillas und auch Elefanten sehr hoch geschätzt! Sie riecht ähnlich wie vergorener Apfelsaft.
Schon jetzt ist mir klar. Selbst wenn wir heute keine Gorillas finden, diese Wanderung inkl. Fährtensuche durch den Dschungel ist alleine schon ihr Geld wert. Ich bin so fasziniert von all dem was wir hier erleben und lernen können, dass die Gorillas -beinahe- schon Nebensache werden.
Ein schrilles Zirpen begleitet uns eine Zeit lang. Es ist so laut, dass es uns in den Ohren weh tut…überall knackt es laut zwischen den Bäumen….Waldelefanten müssen ganz in der Nähe sein.
Immer wieder findet unser Guide auch Gorillaspuren am Boden und abgebrochene kleine Zweige, an denen unser neuer Freund genau erkennen kann wie lange es her ist, dass hier ein Gorilla daran genagt hat oder beim Vorbeilaufen daran hängen geblieben ist.
Plötzlich wird Ggilain ganz langsam und vorsichtig. Er deutet uns an stehen zu bleiben und er geht einige Meter weiter. Nun winkt er uns. Er hat die täglich wechselnde Übernachtungsstelle der Gorillagruppe gefunden, der wir auf der Spur sind. Sie schlafen auf dem Boden, den sie vorher schön mit Blättern abdecken. Er bückt sich und hat plötzlich einzelne Haare eines Gorillas in der Hand….wie macht er das nur? Die Haare sind kaum sichtbar so fein sind sie. Viel feiner als ein menschliches Haar.
Wir erreichen ein liebliches Flussbett und genießen es, dass wir wieder einmal weiter als 5 Meter weit sehen können.
Sehr beruhigend ist, als uns Ggilain eine ganz frische Spur eines Panters zeigt…..Der Abdruck ist verdammt groß denke ich, und Ggisails Machete ist die einzige Möglichkeit, die wir -theoretisch- hätten, um einen Angriff des schwarzen Panters abzuwehren.
Unser Guide meint nur, dass dieser keine Menschen angreift……na hoffentlich weiß das auch der Panter 😉 Wir folgen dann doch wohl besser den Gorillaspuren weiter empfehle ich 😉
Nach einer Weile findet er auch tatsächlich einen frischen Abdruck eines Gorillas und flüstert
„Sie sind hier…..nicht weit weg“!
Wir steigen einen Hang hinauf, ganz leise, aber sie haben uns natürlich längst bemerkt. Doch Ggilain ist überglücklich. Er ballt die Faust und freut sich wie ein Olympionike, der gerade eine neue Bestmarke gesetzt hat. Der Typ ist unglaublich, denke ich.Er ist wirklich mit aller Kraft und Seele dabei, uns glücklich zu machen.
Wir schleichen uns immer weiter in die Richtung der Gorillas, die bisher nur Ggilain wahrgenommen hat. Wir haben weder etwas gesehen noch gehört. Aber sie scheinen zu bleiben. Warum sollten sie auch abhauen? Wir sind die Eindringlinge und definitiv die Schwächeren
Nun hören wir es. Das Brustgetrommel des Anführers. Er ruft damit seine Gruppe zusammen und fordert sie auf im näheren Umkreis zu bleiben. Immer wieder sehen wir dunkle Flecken im Busch, die sich bewegen, aber näher heran dürfen wir nicht. Viel zu gefährlich! Diese Gruppe hier ist nicht wie z.B. die Gorillas in Uganda an Besuch von Menschen gewohnt. Sie kennen zwar Menschen, sind also teilhabituiert, aber sie sind nicht daran gewöhnt und reagieren dementsprechend auf Eindringlinge!
Wir beobachten weiter und werden ebenfalls beobachtet! Irgendwann klettert einer der Gruppe auf einen Baum, um uns besser sehen zu können. Das ist gut, denn so haben wir auch beste Sicht auf sie 😉
So verbringen wir etwa 10 Minuten und ziehen uns dann zurück.
Wir setzen uns ganz in der Nähe auf einen großen Fels, essen etwas und hoffen darauf, dass die Gruppe neugierig wird und sich vielleicht uns nähert. Das tut sie wohl auch, bleibt aber leider sehr versteckt .
So verbringen wir sicher eine Stunde und horchen auf die Geräusche, die sie machen.
Als plötzlich ein Gorillaruf in anderer Tonlage und weiteres Brusttrommeln zu uns tönt meint Ggilain: “Schnell.”
“Komm auf wir müssen gehen……das war die Frage “Was macht ihr immer noch da, wir haben nun genug von euch!“”
Wir sollten also besser den Rückzug antreten
Wir machen uns schnell auf den Rückweg, und Ggilain zeigt uns, dass unsere Spuren, die keine 2 Stunden alt sind nun immer wieder von Elefantenspuren überdeckt sind. Sie sind hier
Auch liegen wieder jede Menge frischer Früchte herum, als sich plötzlich ein Elefant aus dem Wald meldet. Er kann keine 20 Meter von uns weg sein….aber er ist unsichtbar für uns. Das dichte Gestrüpp schluckt einfach alles. Scheinbar sind wir selbst das Einzige, das sichtbar ist.
Unser Guide meint „Das klingt nicht gut! Er ist unglücklich, hat Schmerzen! Vielleicht ist er krank…wir müssen eine großen Bogen um ihn herum machen. Dürfen keinesfalls näher kommen. Er ist schlecht gelaunt und niemand will einem schlecht gelaunten Elefanten gegenüberstehen.“
Na da hat er aber so was von Recht! Vor allem, wenn man zu Fuß wie wir unterwegs ist…….
Wir schleichen uns also in weitem Bogen um ihn herum und hoffen, dass er bald wieder gesund wird.
2 Stunden später kommen wir erschöpft und überglücklich wieder im Camp an.
Als wir wieder die 9 km aus dem Dschungel zurück auf die Piste fahren springt Gislain bei einem Halt unvermittelt aus meinem Auto und kommt mit einem abgebrochen Ästchen in der Hand zurück. Er zeigt es mir und sagt: “ Sie sind hier…eine andere Gruppe Gorillas. Maximal eine halbe Stunde her. Schau her. “
Ich sehe mir das Ästchen an und erkenne….Nichts… Er ist abgebrochen und sieht aus, als ob ihn jemand durch die Zähne gezogen hat. Aber wann das war?
Unfassbar unser Gorillaflüsterer.
Ein unglaubliches Erlebnis. Wie schon erwähnt, wäre ich auch zufrieden gewesen, wenn wir keine Gorillas gesehen hätten. Das Spurenlesen, die Suche an sich und die unvermittelte Nähe zur Natur und so nah dran zu sein an der Wildnis wird mir immer erhalten bleiben. Ohne ein Blechkleid außen herum, ohne Gewehr oder anderer Hilfe, ohne Netz und doppelten Boden eins zu sein mit Mutter Natur.
Nur „bewaffnet“ mit Ggilain, der auf 19 Jahre Erfahrung hier im Dschungel und seinen Tieren zurückgreifen kann. Der die Gorillas mit erforscht hat und den wir ab sofort den Gorillaflüsterer nennen.
Wenn jemand eine ähnlich schöne Erfahrung machen will und zufällig in der Gegend ist
hier seine Kontaktdaten:
Sein Haus befindet sich hier:
S 0°6.468´, E 11°36.357´ im Dorf Lope
Ggilain Ngonga
Tel (+241)06795769 oder (+241)07740397
mail: ndjibadi@gmail.com
Neid. Klasse. Ein Erlebnis nach meinem Geschmack. Weiter viele Abenteuer. Und malariafrei… 😉
Viele Grüße aus Berlin