Auf Äthiopiens Straßen

14.1.2020

Jeder scheint irgendwie geschäftig zu sein. Und das Leben findet auf der Straße statt: Kühe, Schafe, Ziegen von A nach B treiben, Heu auf Eseln oder Kamelen transportieren, kochen, verkaufen oder sich unterhalten. Zu diesem Zweck wird der Bürgersteig (falls vorhanden) zur Verkaufsmeile oder als Ablagefläche für Baumaterial, wie Schotter oder Holz, benutzt. Ist der Platz nicht ausreichen, wird ein Stückchen der Fahrbahn mitbenutzt. Falls es eine zweispurige Straße ist, wird die rechte Spur mit all diesen Dingen belagert. Tuk Tuks und Minibusse haben ihre Haltestellen dazwischen oder je nach Bedarf häufig auch in der Mitte der Straße. Die Bilder können das Chaos gar nicht wider geben.

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Das Autofahren ist in Äthiopien anstrengend. Ständig muss man hoch konzentriert sein. Das liegt an der Mentalität von Mensch und Tier. Sie waren zuerst hier und von daher gehört die Straße ihnen. Auch die von den Chinesen neu gebauten Teerstraßen. Da kommt es vor, dass einem schon mal ein Mensch direkt vor die Stoßstange läuft!! Unglaublich, aber das passiert hier häufig. Wir fahren durch die Dörfer nie schneller, als Schrittgeschwindigkeit. Ein Motorradfahrer ist uns in spitzem Winkel in die Seite gefahren! Wir waren schon fast an ihm vorbei und so klein, dass man uns nicht bemerkt sind wir nun auch nicht. Passiert ist zum Glück auch in diesem Fall nichts. Auch die Viecher verhalten sich nicht anders. Statt weg zu laufen, steuern sie direkt auf unser Auto zu. Hupen nützt nichts. Es wird ignoriert. So etwas haben wir noch nie erlebt. Äthiopien ist anders, in jeder Hinsicht. Ein äthiopischer Tourguide meinte, dass die Menschen hier mehr Angst davor hätten nass, obwohl sie ja wieder trocknen, als überfahren zu werden.

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Im übrigen Schwarzafrika (für uns begann es mit Senegal und endete mit Kenia) sind die Menschen sehr aufmerksam und haben eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe (viel besser, als die unsere wie wir finden). Sie sehen und hören einfach ALLES. Im Straßenverkehr geht es zwar chaotisch in den Städten zu, doch ist alles irgendwie “im Fluss” und die Sache läuft. Anders in Äthiopien. Autos und bei Gefahr hupen wird völlig ignoriert. Wir fahren auf einer kerzengeraden Teerstraße. Von Weitem sehen wir einen Bus an der Straßenseite parken. Die einheimischen Reisenden müssen mal für kleine Mädchen und Jungs. Kurz bevor wir an dem Bus vorbei fahren, läuft von rechts eine Frau auf die Fahrbahn. Es ist knapp. Didi hupt wie wild, bremsen können wir nicht mehr. Die Frau hätte uns schon lange sehen müssen, wenn sie denn auf die Straße geschaut hätte. Wie im Traum läuft sie zunächst weiter bevor sie dann doch erschrickt und im letzten Moment noch ein paar Schritte rennt. Das war extrem knapp. Es ist mit Worten nicht zu beschreiben, wie sich die Menschen und die Tiere hier verhalten. Wenn wir es nicht selbst erlebt hätten (und zwar täglich mehrmals), könnten wir es nicht begreifen. Unser Herzinfarktrisiko ist mit Sicherheit gestiegen.

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Zu all dem kommen leider noch die Steine werfenden Kinder dazu. Weshalb sie das tun, kann uns keiner erklären. Sie sehen uns kommen, bücken sich, heben einen Stein auf. Erwachsene stehen daneben, aber sie scheinen gar nichts zu bemerken. Ich denke wirklich, dass es an der Auffassungsgabe und Wahrnehmung der Menschen liegt, dass sie nicht reagieren. Mangelnde Bildung ist das nächste Problem. Wenn wir bei einem Steinewerfer anhalten, weiß er aber schon, dass er das wohl nicht darf und rennt weg. Wir versuchen den umstehenden Erwachsenen zu erklären, dass dieses Verhalten nicht in Ordnung ist, stoßen aber auch hier auf Unverständnis. “It can happen. Move on.”, bekommen wir zu hören. Zwei deutsche Fahrradfahrer erzählen uns, dass sie sogar von Erwachsenen mit faustgroßen Steinen beworfen wurden. Gebildetere Einheimische schieben es auf die mangelnde Bildung und erkennen das Problem. Unternommen wird aber seit Jahrzehnten nichts dagegen. Zum Timkat Fest werden wir sogar mit Stöcken von Jugendlichen attackiert. Es gehört zum Fest und zur Tradition, dass die Jungs in Gruppen durch die Straßen mit Stöcken laufen. Sie rufen Parolen und singen, tanzen im Kreis. Wir fahren durch vieler solche Gruppen, die sich auf der Straße befinden, langsam hindurch bzw. stoppen und lassen sie an uns vorbei ziehen. Eine Gruppe ist aggressiv, doch als Didi die Tür öffnet und aussteigt, lassen sie die Stöcke sinken.

Viele rennen sofort auf unser Auto zu, wie diese Menschen hier zum Bus, um zu betteln. Ein “Nein” wird oft nicht akzeptiert.

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Dieses Mädchen war so darauf konzentriert ihre Mangos verkaufen zu wollen, dass sie gar nicht bemerkt (oder es ihr gleich war?), dass Didi keinen Meter entfernt von ihr uriniert.

Andere Personen sind beim nächsten Mal direkt auf ihn zugekommen, um die offene Fahrertür herumgegangen (die diesmal als Sichtschutz dienen sollte) und haben ihn von oben bis unten angeschaut. Verschämt weg gegangen sind sie nicht. Sie starrten weiter. Das Verhalten dieser Menschen ist uns rätselhaft.

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Je nach Dorf und Gegend werden wir unterschiedlich begrüßt. Mal mit “you, you, you” Rufen oder “pen” oder “money” oder “Farangee” (Fremder/Weißer) oder “Heiland” (wir sind zunächst verwundert, doch es ist hier Wasser gemeint Winking smile) oder “Welcome” oder “China”. Die beiden letzteren sind auf jeden Fall freundlich gemeint. Die Chinesen bauen Straßen und das ist den Einheimischen wohl recht.

Angenehm ist in Äthiopien, dass es wenig Speedbumps gibt und wir weder von Militär noch von Polizei nach Geld oder Geschenken gefragt werden. Wir werden nicht einmal von ihnen angehalten. 

Und von diesen sowieso nicht. Winking smile

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