Mombasa und der Reifen-Krimi (eine typisch afrikanische Geschichte)

10.10.2019

Didi ist mit Charlie (den er über einen südafrikanischen Outdoor- und Reifenhändler empfohlen bekam) seit Februar wegen unserer Reifen in Kontakt. Heute soll es soweit sein, dass wir ihn persönlich kennen lernen und die bestellten Reifen abholen. Doch die Geschichte wird leider einen menschlich sehr enttäuschenden Ausgang mit einem enormen finanziellen Verlust für uns haben.

Donnerstag:

Charlie sagt, die Reifen seien in Mombasa. Heute Abend oder morgen könnten wir uns treffen. Schon am Mittag erhalten wir per whatsapp die Nachricht, dass er mit dem Boot auf dem Weg nach Sansibar sei?!?? Morgen im Laufe des Tages sei er wieder zurück.

Freitag:

Er meldet sich erst spät, sagt er sei auf dem Rückweg von Sansibar nach Mombasa. Spät am Abend heißt es, er sei immer noch auf dem Boot. Es wird uns nun doch ziemlich mulmig. Wir vereinbaren für Samstag morgens um 10 Uhr einen Termin in seinem Hotel.

Samstag:

Er taucht nicht auf. Im Hotel kennt ihn niemand. Er hat dort nicht eingecheckt und ist auch nicht als Tagesgast gelistet. Charlies Handy ist ausgeschaltet. Wir senden ihm eine Nachricht nach der anderen. Nichts.

Am Sonntag:

Nichts. Sein Handy zeigt zwei graue Haken.

Montag:

Jetzt gibt auch noch unsere Batterie den Geist auf. Wir beschließen am Montag nach Mombasa zu fahren, um eine Batterie zu kaufen. Die Warterei zermürbt, verletzt innerlich und bringt sowieso nichts. Außerdem wollen wir den Fall der Polizei melden. Didi musste in Vorleistung treten, da unsere Reifengröße in Kenia nicht gängig ist und falls wir nicht erscheinen der Händler auf den Reifen sitzen bleiben würde. Charlie fragte vor ca. einem Monat, ob wir das Geld an ihn oder den Reifenhändler, bei dem er bestellt hat, überweisen wollen. Wir hatten an Charlie überwiesen, da er uns bekannter ist als irgend ein Händler.

Der Batteriekauf nimmt einen ganzen Tag in Anspruch und wir verschieben den Gang zur Polizei auf Dienstag.

Dienstag:

Norbert, ein Deutscher, der hier lebt, geht mit uns zur Polizei und dient als Mittelsmann, wenn wir das Land verlassen müssen. Das ist unendlich nett von ihm und für uns sehr hilfreich. Ohne ihn hätten wir wohl keine Chance das Geld wieder zu bekommen, denn man benötigt ein kenianisches Konto, das wir nicht haben.

Zunächst führt unser Weg zur Touristen Polizei. Chief Herbert ist hilfsbereit. Doch die Touristenpolizei ist für eine solche Straftat nicht zuständig, da Charlies Handy getrackt werden muss. Das macht die Kripo. Also fahren wir zur Kripo, wo Abdul und Patrick für uns zuständig sein werden. Im Gegensatz zur Touristenpolizei gibt es hier keine Computer. Unser Fall wird zunächst in Stichpunkten in ein großes Poesiealbum eingetragen bevor der Bericht handschriftlich von Patrick festgehalten wird. Während dieser Zeit wird Charlie schon getrackt. Er befindet sich in Nakuru, das hunderte von Kilometern entfernt auf dem Weg zwischen Nairobi und Uganda befindet.

Nun ist es eindeutig, dass wir betrogen wurden. Didi versteht die Welt nicht mehr, da Charlie ihm per whatsapp persönliche Fotos von Kind und Familie sowie seinem Hobby, Offroad Fahrzeuge und alte Autos, geschickt hat. Er hat sich mit ihm “angefreundet”. Auch nach der Geldüberweisung ist der Kontakt nicht abgebrochen. Seit Samstag früh herrscht jedoch Funkstille. Die beiden Haken bei whatsapp sind immer noch grau (empfangen, aber nicht gelesen). Merkwürdig ist, dass Charlie nachdem! er das Geld auf seinem Konto hatte, Didi auf facebook eine Freundschaftsanfrage geschickt hat. Weshalb hält er den Kontakt aufrecht? Aber so hat Didi Zugriff auf alle Bilder von Charlie. Das hat man normalerweise nicht. Die Fotos und seine fb Freunde könnten noch hilfreich sein.

Für die Polizei ist das ein “normaler” Fall. In Kenia übergibt niemand Geld, wenn er nicht zeitgleich oder sogar vorher die Ware erhält. Internetbetrügerei floriert hier dennoch. Auch solche, die von langer Hand mit glaubhaften Geschichten geplant sind. Wir hören, dass SIM Karten geklont werden, um die eigene Identität zu vertuschen. Da wir Charlies Kontoverbindung und Adresse haben, sind die beiden Polizisten zuversichtlich ihn zu schnappen, bräuchten aber eventuell “Reisekosten” von uns vorab erstattet.

Am gleichen Tag abends erhält Didi eine whatsapp von Charlies Schwester. Er hätte einen Unfall gehabt und ein Motorrad mit zwei Personen überfahren. Nun sitzt er im Gefängnis (das ist tatsächlich normal hier, bis geklärt ist wie der Schuldige für die Kosten aufkommt). Wir mögen ihr bitte sagen, wo wir morgen sind, damit sie uns die Reifen bringen kann.

Mittwoch:

Hoffnung taucht wieder auf. Aber auch wieder warten. Drei Stunden später und nichts ist passiert. Ihr Handy ist allerdings wieder ausgeschaltet. Auch ans Telefon geht sie nicht. Eigentlich hatten wir die Hoffnung ja schon aufgegeben. Dann die “Schwester”. Jetzt wieder Enttäuschung.

Heute dürfen wir bei Reto, einem Schweizer, auf dem Gelände seiner GoKart Bahn schlafen. Er erzählt Geschichten, die ihm passiert sind (nur dass er vorher nicht bezahlt hat), die unserer sehr ähnlich sind. Von langer Hand geplant. Vertrauen aufgebaut. Geld verlangt… Das gehöre hier in Afrika zum normalen Tagesgeschäft. Einer haut den anderen über s Ohr. Sie seien im Laufe der Jahre halt sehr erfinderisch und gewitzt geworden, sagt Reto. Emotionen darf man da nicht dran hängen. Er sagt, dass die Reifen nie bestellt wurden und Charlie (wenn vielleicht auch nicht von Anfang an) das Geld nun für irgendetwas benötigte. Die afrikanische Mentalität ist dann so, dass man es einfach nimmt und verwendet, ohne darüber nachzudenken, wie man es wieder beschaffen kann, um es dem anderen zurück zu zahlen. Eventuell liegt auch ein Verwandter im Krankenhaus, der Geld braucht oder es lacht einen ein Auto an, eine Nacht im teuren Hotel, Alkohol … was auch immer. Unser Geld ist futsch. Die Polizei wird es nicht auftreiben. Da ist sich Reto sicher. Unser Fall müsste vor Gericht und das kann Jahre dauern. Da wir außer Landes sind… hm.

Geknickt und bei strömenden Regen gehen wir in unser Bett.

Donnerstag:

Wir schauen nochmal bei der Polizei vorbei. Die “Schwester” wurde getrackt. Sie befindet sich ebenfalls in Nakuru. Beide Handys werden immer zeitgleich ein- und ausgeschaltet. Entweder hat Charlie zwei Handys oder er trifft sich immer mit dem Strohmann “Schwester”. Wir sollen uns nicht verwirren lassen. Die Reifen gibt und gab es nie, sagt Abdul. Der Kontakt durch das Zweithandy wurde nur aufgenommen um herauszufinden, wo wir uns befinden. Ob wir noch im Land sind oder ob sich Charlie schon in “Sicherheit” wiegen kann. Oder um auf der Mitleidschiene noch mehr Geld aus uns heraus zu holen. Zum Schluss fragen die Polizisten noch, ob der Südafrikaner, der den Kontakt zu Charlie vermittelt hat ein schwarzer oder ein weißer ist. Interessant! Der Südafrikaner ist weiß (man sagt hier, dass manche Weiße “schlimmer” sind). Charlie ist schwarz. Die Polizisten sind schwarz. Wir sind weiß. Schaun wir mal.

Diese Sache verletzt zutiefst und zerstört den Glauben an gute Afrikaner. Sie sind freundlich, nett, warmherzig, kennen deine Bedürfnisse/Schwächen, füllen sie aus und wollen dann doch nur auf das eine hinaus… dein Geld. Das nehmen sie dann kaltblutig. “Die Kuh wird gemolken, bis sie keine Milch mehr gibt und sich dann selbst überlassen.” (Zitat einer schwarzen Afrikanerin aus Ghana)

Freitag:

Unser Temporary Import Paper für das Auto läuft ab. Wir müssen das Land verlassen.

Samstag:

Reto hat über SMS bei Charlie Druck gemacht. Charlie meldet sich tatsächlich bei uns und stellt in Aussicht, das Geld zurück zu überweisen. Da eine Transaktion von Kenia nach Deutschland Wochen dauern kann, möchten wir, dass Charlie sofort eine “Anzahlung” auf Retos Handy tätigt (man kann hier mit Mpesa Geld von einem Telefon zum nächsten transferieren). Charlie behauptet er nutze Mpesa nicht. Auch wieder nur eine Ausrede. JEDER braucht hier Mpesa (Bankkonto benötigt man hingegen hier nicht). Er hat unsere Bankverbindung. Kann also überweisen, wenn er denn nur möchte.

Er beschimpft uns sogar noch, wie wir es wagen könnten, ihn in Verdacht zu haben uns über s Ohr gehauen zu haben. Und ob wir denken, er wüsste nicht wie man seine Identität verbirgt… Aha, da hatte Reto wohl eine schwache Stelle bei Charlie gefunden, dass Charlie sich zu solch einer Aussage hinreißen lässt.

Sonntag:

Funkstille.

Montag:

Die Polizei wollte uns Bescheid geben, was bei ihren heutigen Recherchen bei der Bank heraus gekommen ist. Ob das Konto tatsächlich Charlies Konto ist. Das hätten sie eigentlich auch schon letzte Woche in Angriff nehmen können… Von Abdul, dem Polizisten, hören wir an diesem und in den nächsten Tagen auch nichts mehr. Es könnte gut möglich sein, dass Charlie der Polizei Geld angeboten hat, wird uns von Einheimischen erzählt.

Mombasa

8.10.2019

Die Strecke Nairobi – Mombasa wird auch die Todesstrecke genannt. Es reiht sich Lkw an Lkw und die Überholmanöver auf kurviger, gebirgiger Straße sind mehr als gewagt. Wir sehen einen heftigen Unfall. Offensichtlich sind mindestens zwei Lkw frontal zusammen gestoßen. Ob es Überlebende gab, wissen wir nicht.

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Mombasa ist ein Moloch. Das hätten wir uns anders vorgestellt. Die Hauptstraße zur Fähre (wir hätten eine Brücke erwartet) besteht aus Schlaglöchern und Staub. Auch hier wird gnadenlos überholt. Chaos im Kreisverkehr. Einfach rein rollen lassen und irgendwie geht s. An der Fähre ist die Hölle los. Es gibt zum Glück mehrere und so müssen wir lediglich eine halbe Stunde warten. Wir sind schon froh, als wir endlich bei der Twiga Lodge ankommen. Es war ein langer Fahrtag.

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Am nächsten Tag treffen wir Elena und Thomas. Zwei Franken, die am Diani Beach Urlaub machen und uns netter Weise neue Reifendrucksensoren mitgebracht haben. Wir verbringen einen sehr kurzweiligen Tag, mit sehr netten Gesprächen miteinander und werden abends sogar noch zum Essen eingeladen. Vielen Dank für den schönen Tag. In Deutschland sehen wir uns auf jeden Fall wieder, mit Gegeneinladung. Winking smile

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Zurück auf unserem Campingplatz am traumhaften Strand warten wir –na auf was wohl- ja Thema Nummer eins… unsere Reifen.

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Es regnet nun immer länger und auch recht heftig. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch und wir werden froh sein, wenn es endlich Freitag ist, wir unsere Reifen montieren und weiter ziehen können. Denken wir!

Grenze Tansania–Kenia Loitoktok

7.10.2019

Tansania Seite dauert keine 5 min.

Das Einstempeln nach Kenia geht auch ruck zuck. Doch der Zollbeamte ist der Meinung, dass alle Deutschen ein Carnet haben müssen. Die Tatsache, dass wir bereits vor zwei Wochen nach Kenia eingereist sind und das problemlos mit einem Temporary Import Paper ging interessiert ihn wenig. Da hätte die andere Grenze sich nicht an das Gesetz gehalten. Mit der Zahlung von 42 US Dollar würde er uns jedoch eines ausstellen. Wir wissen –und haben das ja auch schon praktiziert- dass zwei Wochen Aufenthalt im Land kostenlos sind. Erst ab dem 15. Tag wird die Road Tax fällig. Er legt uns einen Zettel vor, der besagen soll, dass wir ohne Carnet nicht einreisen können. Als wir ihn darauf hinweisen wollen, dass genau auf diesem vereinfachten Gesetzestext Zettel steht, dass bis zu 14 Tage kostenlos ist und dass die Einreise ebenso für Fahrzeuge möglich ist, sobald ein ausländisches Fahrzeugpapier vorgelegt werden kann, hört er schon nicht mehr zu und wir sollen auf seinen Boss warten. Er käme in einer Stunde.

Didi telefoniert mit ihm, doch der Boss schaltet auch auf stur. Das heißt, wir warten. Aus der einen Stunde werden vier. In dieser Zeit können wir “unseren” Zollbeamten beim “Arbeiten” bewundern. Er sitzt vor seinem Bildschirm, der das Eingabefeld für das Passwort zeigt. Die Hand liegt auf der Maus. Er starrt auf den Computer. Und das eine halbe Stunde, ohne dass er etwas eingibt. Dann schiebt er drei Formulare von links nach rechts. Ein bisschen Smalltalk mit Truckfahrern, die einen Stempel auf ihr TIP haben wollen. Stempeln. Smalltalk. Auf den Bildschirm starren, der immer noch auf die Eingabe des Passwortes wartet. Das dauert so zwei bis drei Stunden. Dann scheint er den Computer für etwas zu benötigen, er loggt sich ein.

Als der Boss auftaucht gehen wir in dessen Büro. Er hat ein dickes Gesetzbuch vor sich liegen und wir müssen ihm tatsächlich als nicht Muttersprachler die auf uns zutreffende Paragraphen erklären. Da er und sein Untergebener, der die ganze Zeit stumm dabei sitzt, das Gesicht nicht verlieren können, denken sie sich in Kisuaheli schon schnell ein Dokument aus, das wir unbedingt benötigen. Das kostet zwei Euro. Es handelt sich um einen Computerausdruck mit den Fahrzeugdaten. Nichts anderes als auch auf dem TIP steht, das wir nun ausgestellt bekommen. Party smile

Nach fünf Stunden sind wir “durch”.

Angeblich soll der Transit durch den Tsavo West NP kostenlos sein (wie auch schon in der Masai Mara möglich gewesen wäre). Doch heute ist nicht unbedingt unser Glückstag. Hier geht nix. Für 70 km sollen wir den kompletten Preis bezahlen. Wir haben heute genug von der Abzocke und fahren morgen den langen Weg über die Teerstraße Richtung Mombasa. Da es schon spät ist übernachten wir unweit der Straße mit einem nochmaligen herrlichen Blick auf den Kilimanjaro hinter dem Wart-ein-bisschen-Busch. Die Giraffen haben wir kostenlos außerhalb des Parks gesehen. Winking smile

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Weiter geht es Richtung Mombasa.

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