22.2.2020
Wir sind guter Dinge, dass wir unser Ersatzteil am Montag bekommen und sind deshalb nicht gestresst, wie wir es in Afrika wären. Wir haben das Gefühl, dass hier “Dinge funktionieren”. Die ruhigen Tage im Hotel tun uns gut. Wieder einmal kann liegen Gebliebenes (wie Blog-Beiträge schreiben, sich um VAnGO kümmern, die Landkarte -auf der die arabische Halbinsel bisher fehlte, weil wir keine schwarze Folie kaufen konnten- ergänzen usw.) aufgearbeitet werden und es bleibt dennoch Zeit, um ein Buch zu lesen, die Umgebung zu erkunden oder die so andersartigen Eindrücke sacken zu lassen.
Zeit für ein Foto-Shooting ist auch.
Das Kleiderthema beschäftigt uns beide sehr. Männer tragen hier lange, weiße Gewänder Thobe genannt. Unter dem weißen oder rot/weißen Kopftuch, der Kufiya tragen sie oft eine Art Mütze mit Löchern drin, die Kofia. Für Didi ist das nichts. Zu meiner Abaya meint er: “In den großen Supermärkten war es schon immer nicht einfach, dich wieder zu finden. Mit deinem neuen “Schwarzen” ist es fast unmöglich.”
Wie schon gesagt, ist laut visit.saudi Internet Seite weite, körperunbetonte Kleidung für Touristinnen gut genug. Im Sudan wollte ich mich schon vorbereiten. Weite Hosen habe ich, aber lediglich nur eng anliegende T-Shirts, die auch nicht bis über den Popo gehen. Also kaufe ich mir in Suakin (Sudan) das, was es dort gibt. Die Sudanesen farbenfroher in ihrem Kledungsstil und so habe ich Schwierigkeiten etwas Passendes zu finden. Eine Art Poncho ist das Beste, was ich für “Obenrum” finden kann. Zusammen mit meiner bunte Hose passe ich doch wohl ins Morgenland, oder?
Leider wussten wir beide nicht, dass die für Frauen “übliche” Farbe schwarz ist. Und so laufe ich jetzt rum. Die Bevölkerung ist Tourismus noch nicht gewohnt (Touristenvisum gibt es erst seit September 2019). Mit der Lockerung der Kleidervorschriften für die einheimischen Frauen hat der amtierende Monarch auch gleich ein Gesetz, das “Belästigungsverbot”, erlassen. Wie ich nach einem kurzen Spaziergang ohne Didi und ohne Kopftuch feststelle, ist das auch nötig. Aufdringlich wird keiner, doch in ihrer Kultur ist es äußerst unangebracht eine fremde Frau anzusprechen und ihr Komplimente zu machen oder ihr nachzupfeifen, was zwei Männer bei mir tun. Auch wenn man es sich schön reden und sich mit Kopftuch wie Audrey Hepburn fühlen könnte… mich stört das Ding und ich finde, dass man sich mit der Öffnung Saudis (Agenda 2030) an den Anblick eines anderen Kleidungsstils gewöhnen darf. Ich beginne sanft mit dem Weglassen des Kopftuchs.
Vollverschleierte Frauen mit Sonnenbrille sieht man häufig. Unter dem Tuch bekomme ich aber kaum Luft.
Der Tageslauf wird von den Gebetszeiten bestimmt. Und diese verändern sich auch noch jeden Tag um ein paar Minuten, denn das erste Gebet findet bei Sonnenaufgang statt und die anderen vier richten sich danach. Fünf mal am Tag wird gebetet. Das Morgengebet findet statt, bevor wir aufstehen. Wenn man Dinge erledigen möchte, so ist man gut beraten das vormittags zu tun, denn am Mittag bis zum Abend liegen die Zeiten der vier verbleibenden Gebete. Geschäfte, Restaurants, Supermärkte… alles lässt die Rollläden herunter und verschließt die Türen. Dann geht erst einmal für 20 – 40 min. nichts mehr. Ab ca. 13 Uhr werden wir immer wieder ausgebremst. Zur Mittagsessenzeit hat unser Lieblingsbillighähnchengrill geschlossen (wie die anderen Restaurants auch). Wenn man dann um ca. 14.00 Uhr mit dem Essen fertig ist und sich auf die Suche nach dem richtigen Differenzial-Öl begibt, wofür man kreuz und quer durch die Stadt fahren muss, kommt man dort garantiert um 15:30 Uhr, sprich zur nächsten Gebetszeit, an. Viele Geschäfte haben aber auch generell zwischen 13.00 und 17.00 Uhr geschlossen. Wenn man sich also um 17.00 Uhr erst wieder auf den Weg macht, ist es sehr wahrscheinlich, dass man um 18.30 Uhr ankommt. Und dann? Beten! Um 20.00 Uhr dann nochmal. Da nützt es auch nicht viel, wenn die Geschäfte bis 22.00 Uhr geöffnet haben. Es ist einfach mühsam. Die Polizei patroulliert übrigens und schaut, dass niemand etwas “Falsches” tut. Aber der Muezzin singt wenigstens schön.
Al Baik take away Hühnchengrill mit getrennten Eingängen für Mann und Frau, ohne Sitzgelegenheit.
Ein mit Vorhängen abgetrennter “Family” Bereich in einem indischen Restaurant:
Überall wird gebaut. Die Saudis sind da sehr ambitioniert und wollen im Norden eine Mega-Stadt, 33 mal größer als New York, bauen. Neom soll die “neue Zukunft” Saudi Arabiens werden. In Jeddah soll das höchste Gebäude der Welt nächstes Jahr fertig gestellt sein (doch im Moment ist Baustopp). Über 1000m hoch soll der Gigant werden. Die Saudis lieben es, den Freitag (ihren freien Tag) am Meer zu verbringen. Campingstühle oder Teppiche werden dafür mitgebracht. Es gibt kinderfreundliche Restaurants mit Planschmöglichkeit und viele Vergnügungsparks. Wer hätte das gedacht, dass die Araber so gerne Riesenrad fahren. Das Klischee über “Araber und ihre Datteln” stimmt. Es gibt massenweise Datteln in verschiedenen Geschmacksrichtungen und Qualität. Einem Reisenden oder Fremden gibt man gerne eine. Das ist so Sitte.