Touba–das zweite Mekka

Touba ist die heilige Stadt der islamischen Bruderschaft der Mouriden. Gegründet wurde sie gegen Ende des letzten Jahrhunderts durch den Sufi Heiligen Amadou Bamba Mbacke. Das staubig Kaff im Busch sollte ein zweites Mekka werden. Als Amadou immer mehr Zulauf bekommt, fürchtet die französische Kolonialregierung einen Heiligen Krieg und verbannt ihn ins Exil nach Gabun. Wie so oft in der Geschichte zu beobachten, erhielt er durch diese Aktion erst richtig große Aufmerksamkeit und wurde so zum Volkshelden. Jedes Jahr pilgern bis zu 4 Millionen Menschen zum Magal, dem großen Treffen zu Ehren Amadou Bambas. Die Stadt ist diesem Ansturm nicht gewachsen. Fast schon unerträgliche Enge, einfachste sanitäre Anlagen und Verkehrschaos sind die Folge. Eigentlich wäre das ja schon mal ein Erlebnis wert…

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Auf dem Hinweg kommen uns extrem viele Taxen, Busse, Wagen voll beladen mit Menschen entgegen. Dagegen fährt in unsere Richtung kein Mensch Enttäuschtes Smiley. Mir wird schon unheimlich. Es wirkt, als würde die Stadt evakuiert werden. Didi beruhigt mich und meint, dass das sicher eine ganz normale Erklärung hat. Na mal sehen….

Später erfahren wir, dass ein lebender Nachfahre Amadous Geburtstag hat und deshalb all diese vielen Menschen sich auf den Weg machen, um ihm zu gratulieren.

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Als wir in die Stadt einfahren und am Marktplatz vorbeikommen sehen wir zufällig wie eine Horde Menschen einen Mann vor sich hertreibt und dabei lauthals auf ihn ein schimpft. Er wird von einem Mann am Kragen gehalten und ein anderer schlägt ihm mit einem Ast auf den Kopf….Didi vermutet, dass er etwas vom Markt gestohlen hat und nun “abgeführt” wird.

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Hauptsehenswürdigkeit ist die bombastische Moschee, die 3. Größte nach Mekka und der Moschee Hassan in Casablanca. Sie wurde 1963 von einer koreanischen Baufirma errichtet und ist bis heute nicht fertig gestellt. Tja, Leute hättet ihr das mal lieber die Deutschen machen lassen Strebersmiley

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Marmor aus Italien schmückt die Fassade. Die Decke wird gerade von marokkanischen Stuckateuren gestaltet. Es ist faszinierend denen beim Arbeiten zuzusehen. Die Ornamente und Verzierungen werden erst nachträglich kunstvoll in den Gips an der Decke eingebracht! Eine unglaubliche Arbeit und das immer über Kopf! Didi hat schon nach 5 min einen steifen Nacken, nur vom ZusehenParty-Smiley

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Alabasterlampen und Kronleuchter, Gebetsteppiche aus Belgien (?Teppiche aus Belgien!!!??)…alles vom Feinsten. Wir sind baff von so viel Prunk und Reichtum im Kontrast zu den Lebensumständen in der Stadt. Da drängt sich mal wieder die Frage auf, ob man das Geld nicht doch anders hätte verteilen können? Jeder Nachfolger Amadous erweitert die Moschee. Mittlerweile hat sie 7 Minarette und der derzeitige “Regent” ein Problem: Er darf kein weiteres Minarett bauen, da die Moschee in Mekka ebenfalls 7 Minarette hat und keine Moschee mehr als diese haben darf. Jetzt muss er sich etwas anderes Tolles einfallen lassen Zwinkerndes Smiley.

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“Nichtgläubige” sind ausdrücklich willkommen. Wir werden von einem stummen Parkplatzwächter in die Hände eines Guides übergeben, der seinen Job wirklich gut macht, am Ende jedoch eine Spende für den Marabout erwartet. Von diesen gibt es wohl auch “gute” und “böse”, denn das Heer bettelnder Straßenkinder wird teilweise von Touba aus dirigiert…

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Interessant ist auch, dass Touba exterritoriales Gebiet ist, d.h. der senegalesische Staat hat hier keinerlei Verfügungsgewalt. Es gibt keine Polizei, niemand zahlt Steuern. Dafür wachen die Baay-fall, die Sittenwächter der Mouriden, erkennbar an ihren Rastafrisuren und bunten Flickengewändern, über die Einhaltung der strengen Gesetze: Kein Alkohol, keine Zigaretten, respektvolles Benehmen, Frauen tragen Röcke und Kopftuch, Männer lange Hosen. Der erste Gang eines neuen senegalesischen Präsidenten ist nach Touba, um sich den Segen und die Anerkennung des Marabout geben zu lassen. Keine Regierung in Dakar hat eine Chance länger an der Macht zu bleiben, wenn dies verweigert wird.

 

Gegenüber ist der alte Friedhof:

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Touba hat außer der Moschee und dem Friedhof wirklich nichts anderes zu bieten. Einen längeren Aufenthalt kann man sich also sparen. Die Moschee ist aber den Umweg auf jeden Fall wert.

 

Unser Weg führt uns über Diourbel, der Residenzstadt des Marabout, Richtung Dakar.

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