26.12.2019
Wir werden (nach der Ebola-Kontrolle) in Äthiopien herzlich begrüßt, jedoch nicht mit dem “african handshake”, sondern mit einem auch bei uns üblichem Handschlag, der aber noch durch das zweimalige aneinander Klopfen der jeweils rechten Schulter begleitet wird. Auch nett.
Schilder können wir nun leider nicht mehr lesen (es sei denn sie sind auch in der uns vertrauten Schriftsprache vorhanden). Äthiopien hat eigene Schriftzeichen, die es ausschließlich in diesem Land gibt. Das gilt auch für die gesprochene Sprache, die sich Amharisch nennt.
Wir befinden uns im Jahr 2012. Neujahr ist in unserem September. Weihnachten im Januar. Es gibt 13 Monate, davon haben 12 Monate jeweils 30 Tage. Der 13. Monat 5 oder 6 Tage (Schaltjahr). Auch die Tage haben somit ein anderes Datum, als die Internationalen. Die Uhrzeit ist ebenfalls anders. 7 Uhr morgens bei uns, ist 1 Uhr morgens in Äthiopien (die erste Stunde mit Tageslicht). Die erste dunkle Stunde ist 1 Uhr abends. Verwirrend beim Termin ausmachen.
Man fährt wieder auf der rechten Straßenseite, was für uns angenehm ist, und wir werden weder von Militär noch von der Polizei gestoppt. Äh gut, viele Polizisten gibt es hier nicht und dort wo es gar keine gibt werden sie mit diesen Knaben hier ersetzt. Ob er wohl eine Respektsperson ist?
Kulinarisch hebt sich Äthiopien vom übrigen Afrika mit seinem Ugali, Sadza, Millipap,… je nach Land hat der gleiche Maisbrei einen anderen Namen ebenfalls ab. So etwas gibt es hier nicht. Man isst Injera, ein aus Sauerteig wie einen Pfannenkuchen ausgebackenes Fladenbrot aus dem glutenfreien, eisenhaltigen Getreide namens Teff (speziell in Äthiopien angebaut). Man kann es mit Fleisch, Gemüse oder am Häufigsten mit Shiro (Mus aus Bohnen- und Kichererbsenmehl vermischt mit Chilli) bestellen.
Die Frauen tragen die Lasten nicht mehr auf dem Kopf. Kleider, die eher in gedeckten Farben gehalten sind lösen die bunten Röcke und Kopfbedeckungen des übrigen Afrikas ab. Eine unglaublich dichte Haarpracht haben die Menschen hier (ganz im Gegensatz zu den Perücke tragenden Frauen in einigen anderen Ländern ). Wir glauben, dass hier der Afro-look erfunden wurde. Die Frauen bändigen diese Massen mit dick geflochtenen, hoch stehenden Zöpfen. Eine Art Hahnenkamm bildet den Scheitel. Klar, dass man dann nichts mehr auf dem Kopf tragen kann.
Fleißig sind sie hier (trotz Chad kauen… s.u.), aber auch sehr arm. Zugang zu sauberem Wasser bzw. generell zu Wasser ist hier selten. Noch nie hatten wir so viel Schwierigkeiten unsere Wasservorräte aufzufüllen wie hier. Bildung und die medizinische Versorgung werden hier ebenfalls vernachlässigt. Und das in einem Land mit der wahrscheinlich höchsten NGO Rate in ganz Afrika… “NGO is a lifestyle”, kommt uns wieder in den Sinn. Wir hörten diese Aussage von einer NGO.
Aber um das alles besser ertragen zu können gibt es ja “Chad” (Khat aus dem Kathstrauch gewonnen) die uralte Kaudroge Äthiopiens. Die Pflanze wächst wie Unkraut und ist nach Kaffee das zweitgrößte Exportgut. Leider machen die Blätter lethargisch, wirken aber psychisch stimulierend. Die Regierung denkt über ein Verbot nach, um die Arbeitsmoral zu verbessern und mehr Khat exportieren zu können. In Amerika und Europa ist die Droge verboten, lediglich in Großbritannien ist sie erlaubt.
Die äthiopisch orthodoxe Kirche ist ebenfalls eine ganz eigene Geschichte. Ein muslimischer Muezzin ist ein Waisenknabe gegen diese Jungs hier. Stuuuuunnndeeeeenlaaaaaannng. Von 4 Uhr früh oder so bis es hell wird. Zu Festen dann gerne auch den ganzen Tag und vor allen Dingen die ganze Nacht. Letzteres scheint besonders wichtig zu sein. Man wird auf der Fahrt aber oft von Pristern “beklingelt”. Sie läuten Glöckchen und wir deuten es als “Gute/sichere Fahrt”.
Die hat man bei den Steine werfenden Kindern auch nötig. Wir kleben sicherheitshalber die hinteren Fenster, sowie eine der Seitenscheiben mit Pappe zu. Die einheimischen Schriftzeichen bedeuten “Wir lieben Äthiopien” (was auf Landschaft und Kultur ja auch zutrifft), doch die gehoffte positive Beeinflussung der Steinewerfer bleibt leider aus. Leider lieben sie es ihre Namen auf unser zugegebenermaßen schmutziges Auto zu schreiben. Woanders benutzen die Kinder dazu den Finger. Hier wird mit Steinen oder Schlüsseln auf den Lack geschrieben.
Ein ruhiges “Dahinkullern” und dabei die Landschaft genießen ist leider nicht möglich. Tier und Mensch ist im Verkehr äußerst unaufmerksam (zu viel Chad?) und so fahren Didi und ich hochkonzentriert und immer unter Anspannung durch das Land.
Und zu guter Letzt gibt es noch richtig hübsche endemische Paviane zu betrachten.
Äthiopien ist anders. Schön. Faszinierend. Anstrengend. Erschütternd. Wer durch Äthiopien als Selbstfahrer reist, gerät in ein Wechselbad der Gefühle. Wir haben längst nicht alles gesehen. Dafür braucht man mehr Zeit. Doch wir sind nach einem Monat erledigt und brauchen Urlaub. Gerne würden wir wieder kommen, um uns die anderen Gebiete Äthiopiens anzuschauen.