25.12.2019
Kenia 4
Weihnachten in Ileret
24.12.2019
In Ileret lebt ein weiterer deutscher Pfarrer. Father Florian lässt uns auf dem Missionsgelände campen und lädt uns zur Messe ein. Die beginnt um 21:30 Uhr. Na dann haben wir ja noch viel Zeit uns um das Weihnachtsessen zu kümmern. Doch in Ileret gibt es NICHTS. Kein Gemüse, kein Obst, kein Fleisch… nur Reis und Nudeln. Florian meint, es hätte noch tiefgekühlten Fisch. Na das ist doch was. Wir gehen “shoppen”. Plötzlich ist Flore nicht mehr glücklich mit dem Fisch. Doch was sollen wir sonst essen? Pierre ignoriert Flore und so wird der Fisch gekauft. Geschmeckt hat er ihr dann übrigens doch .
Im Dunkeln suchen wir den Weg zur Kirche. Die ist bereits gerappelt voll. Schick gemacht haben sie sich die Dassanech. Die Frauen tragen kunstvoll geflochtene Frisuren. Manche sind modern, manche traditionell oben ohne dafür mit Perlenschmuck gekleidet. Es wird unendlich viel gesungen, was gut ist für uns, denn Vater Florian hält die Messe auf KiSuaheli, sprich wir verstehen NIX. Es ist wohl unser außergewöhnlichstes Weihnachten und nach gut 2 Stunden Messe lädt uns Florian noch auf ein Glas Rotwein und die Reste seiner Weihnachts-Lasagne ein.
Ein schöner Abschluss für Kenia, mit dem wir nicht immer so glücklich waren. Lake Turkana hat uns mit diesem Land wieder ein bisschen versöhnt.
Durch den letzten Lugga auf Kenia Seite geht es am nächsten Morgen Richtung Äthiopien.
Deriati Canyon
23.12.2019
Nach einem späten Start (Flore schläft gerne etwas länger ) und nach nur 70 km Fahrt finden wir an einer mit Gras überwachsenen Seitenstraße einen Schatten spendenden Baum. Die Landschaft hat sich abermals verändert. Die karge Steinwüste bei Hurran Hurra, die wie mit Puderzucker mit zartem Grün bestreut war liegt hinter uns. Jetzt befinden wir uns im Deriati Canyon, einer Hügellandschaft mit tiefen trockenen Flussbetten. Man kann noch gut erkennen, mit welcher Gewalt die Wassermassen hier vor kurzem noch flossen. In so manchem Flusslauf steht noch Wasser.
Meinen Geburtstagsabend verbringen wir am nächsten Übernachtungsplatz in einem Flussbett. Hm… nicht wirklich meine bevorzugte Wahl, doch wir finden eine kleine Insel. Hier werde auch ich beruhigt schlafen können. Wir teilen unseren Wein mit den beiden Franzosen und verbringen einen netten Abend am Lagerfeuer.
Am nächsten Morgen stellen wir fest, dass wir gar nicht mehr sehr weit gekommen wären…. Die Piste endet im Flussbett. Der weitere Weg ist durch eine 2 Meter hohe Böschung versperrt. Senkrecht wohlgemerkt. Nun wissen wir auch, weshalb die Nacht so verkehrsarm war. Durch das feuchte Flussbett fahrend (und immer auf der Hut sein, nicht im weichen Sand stecken zu bleiben) suchen wir einen Ausweg. Ca 500m Flussaufwärts wird Didi fündig. Die Böschung flacht hier für wenige Meter auf ca 1m Höhe ab und ist freundlicher Weise auch noch abgeschrägt. Es hat zwar ein paar Büsche, aber die stören nicht. Ca 500 m weiter stoßen wir dann auf die Piste nach Ileret.
Von Loiyangalani nach Hurran Hurra
21.12.2019
Alexa und Martin sind sehr nett und wir unterhalten uns nach ausgedehntem Frühstück bis 14 Uhr mit ihnen. Dann müssen wir los. Zwei Franzosen, Flore und Pierre, wollen sich unbedingt mit uns treffen, da sie sich alleine nicht wagen ab North Horr bis nach Äthiopien zu fahren.
Die Absprache hat gut geklappt und wir treffen lediglich 5 min vor ihnen am vereinbarten Treffpunkt bei Hurran Hurra (einer Kreuzung im Nichts) ein. Kurz darauf finden wir einen geeigneten Platz zum Übernachten. Um uns herum Blitz es und die dunklen Wolken sehen nicht wirklich freundlich aus. Es regnet nicht, zumindest bei uns nicht…
Hyänengeschrei begleitet uns in den Schlaf.
Von Kalacha nach Loiyangalani
19.12.2019
Auch auf diesem Streckenabschnitt verändert sich die Landschaft ständig. In North Horr wird es sandig. Ab Gas steinig. Zartes Grün wechselt sich ab mit kleineren Büschen und Blumen oder karger weißer Steinwüste. Kurz vor Loiyangalani übernachten wir auf dem Desert Museum Gelände mit herrlichem Blick auf den Turkana See.
In der Oase Lodge verbringen wir wieder ein paar Stunden im Pool, der durch eine Quelle gespeist wird. Abends treffen wir am Museum Alexa und Martin, zwei Österreicher, die hier ebenfalls übernachten möchten.
Kalacha und Pfarrer Anton
18.12.2019
In Kalacha gibt es eine kleine schnuckelige Kirche, die von Vater Antoni geleitet wird. Bei einem Kaffee lauschen wir seinen über 20 jährigen Erfahrungen und Erlebnissen am Lake Turkana. Wir haben noch nie einen so coolen Pfarrer getroffen. Er gibt uns den Tipp zu der kleinen Oase unweit Kalachas zu fahren. Dort hätte es einen Swimming Pool. Nach Staub und Hitze klingt das nach einer guten Idee. So verbringen wir den Nachmittag im Wasser und fahren zum Übernachten in die Chalbi Wüste. Leider wird es laut Anton noch Monate dauern bis die Wüste abgetrocknet ist und man über diesen Weg nach North Horr fahren kann.
Marsabit
17.12.2019
Jetzt bleiben lediglich zwei Wege übrig. Einer führt über Kargi, der anderer über North Horr. Beide starten in Marsabit, wo wir beim Schweizer Henry einkehren und unsere letzte heiße Dusche genießen. Henry s Sohn Luca ist gerade gestern von Ileret über North Horr gefahren. Durch die neue Brücke ist diese Strecke befahrbar. Das ist schon mal gut.
Wir fragen nach der Strecke über Kargi, doch Luca winkt sofort ab. Die Wassermassen haben große Steine/Felsbrocken auf die Strecke gespült und die Auswaschungen wären auch beachtlich. Die Piste sei in einem katastrophalen Zustand. Ob die Luggas dort noch Wasser hätten, weiß er nicht. Da unser Visum in einer Woche abläuft, können wir uns keine zeitaufwändigen Experimente leisten, also wählen wir die Strecke über North Horr.
Volltanken für teures Geld und los gehts.
Durch den vielen Regen blüht die sonst so karge Gegend. Wir fahren über wechselhafte Pistenverhältnisse durch zauberhafte Blumenlandschaft. Ein Meer aus zarten, filigranen weißen, gelben und orange farbenen Blüten. Die Schmetterlingen haben ihre Freude.
Wir lassen uns Zeit und finden nach 100km (ca 40km vor Kalacha) einen kleinen Hügel hinter den wir uns mit Blick auf die Huri Hills stellen. Die freundlichen Hirten setzen sich zu uns, doch wir teilen keine gemeinsame Sprache. Sie bieten uns frische Milch an. Ob von Kuh, Kamel oder Esel wissen wir nicht. Da sich im offenen Behälter Fliegen und noch einiges andere tummelt, deuten wir auf unsere Magen und geben zu verstehen, dass wir Milch nicht vertragen. Ob hier Lactose Intoleranz ein Begriff ist? Die Nacht ist ruhig und morgens werden wir vom Muhen der Kühe geweckt. Ein Hirte erkundigt sich, ob wir gut geschlafen haben oder ob die Kühe zu laut waren. Seine pantomimische Darstellung ist eindeutig. Rührend, wie besorgt er ist.
Morgens kommt ein Fußgänger auf uns zu. Er fragt uns (mit Händen und Füßen), ob wir zu den Huri Hills fahren würden. Nein, leider nicht unsere Richtung. Daraufhin läuft er querfeldein mit seinem kleinen Rucksack. Wir schätzen, dass er einen 150-200 km Marsch vor sich hat…
Nairobi bis Archers Post
15.12.2019
Pünktlich zur Abfahrt setzt leichter Nieselregen ein, der auf unserer Fahrt lediglich durch heftigere Niederschläge und Nebel abgelöst wird. Vom 5199m hohen Mt. Kenia sehen wir gar nichts. Der Berg existiert nicht. Am Archers Post Gate, dem Tor zum Samburu NP, der genau vor 5 Tagen derartig überschwemmt war, dass Einheimische und Touristen mit dem Helikopter evakuiert werden mussten, scheint dann endlich die Sonne. Wir fragen die Ranger nach passierbaren Wegen zum Lake Turkana. Die Auskunft ist nicht das, was wir hören wollen:
1. Von hier aus gen Westen über Maralal oder Barsaloi geht nicht, da gleich mehrere Furten durch den starken Regen der letzten Wochen und besonders der letzten beiden Tage nicht passierbar sind. Die Wassermassen sind enorm und es wird noch einige regenfreie Tage dauern, bis man diese Furten gefahrlos queren kann.
2. Die Strecke über Laisamis ist ebenfalls durch einen vollgelaufenen Lugga (Trockenfluss, der lediglich bei REgen Wasser führt) gleich 30 km westlich von Laisamis nicht möglich (wie wir später erfahren, war dieser Weg für weitere zwei Wochen nicht möglich). Eventuell kann man über Logologo / Ilaut fahren. Die Ranger bezweifeln das aber. Wir sollen in Logologo nochmal nachfragen.
Nach einer ruhigen Nacht, die wir direkt am Gate verbringen dürfen tun wir das auch, wobei uns auf der Fahrt nach Logologo schon klar ist, dass dieser Weg wohl auch nicht geht. Wir fahren nämlich über eine Brücke und unter uns tost der Fluss, den wir nachher ohne Brücke noch einmal durchfahren müssten. In Logologo wird uns das auch bestätigt.
Nairobi
14.12.2019
Hier müssen wir uns entscheiden, ob wir am Lake Turkana entlang bis nach Äthiopien fahren oder ob wir die “langweilige” Strecke über Moyale nehmen (müssen).
Wie ihr hier gelesen habt, regnet es in Kenia seit Wochen und Monaten und das richtig heftig. Im ganzen Land kam es zu Erdrutschen und Überschwemmungen. Unwetterwarnung der kenianischen Regierung. Am Lake Turkana freuten sich die Menschen über den Regen. Manche Kinder haben in ihrem ganzen Leben noch keinen Regen gesehen. Dann wurde es auch dort so heftig, dass einige ertrunken sind. Das komplette Gebiet um den Turkana See ist übersät mit Luggas (trockene, sandige Flussbetten, die bei Regen voll laufen und sich in eine schnell fließende Schlammlawine verwandeln). An eine Durchfahrt mit dem Auto ist dann nicht zu denken. Man kann dann nur warten, bis das Wasser abgeflossen ist und hoffen, dass es nicht erneut regnet.
Wir schieben die Entscheidung vor uns her und bereiten gleichzeitig alles auf 900 km menschenleere Turkana Strecke vor:
Zusätzlicher Dieselkanister, Wasserkanister, Proviant, bereits jetzt unsere Pässe ausstempeln (da es an der Grenze zu Äthiopien kein Immigration und Customs gibt), weitere Ersatzreifen montieren (wir haben ja die zwei buckshots noch ,die hätten wir lieber in Nairobi verkauft, sind sie aber nicht losgeworden). Tishat brauchen wir nicht.
In Moshi hatten wir Grace kennen gelernt, die in Nairobi lebt und Enduro Touren in Kenia und Tansania anbietet. Wir treffen uns mit ihr auf einen Kaffee. Als Tour-Guide hat sie andere Informationsquellen als wir und sagt nach kurzer Recherche, dass es auf dem Weg nach Maralal mindestens eine weggespülte Brücke gibt. Außerdem Erdrutsche und die Furten sind schon Tage lang nicht zu durchfahren. Es hat unendlich viel Wasser. Da es durch die Berge geht, wäre es auch nicht wirklich lustig auf rutschigen Schlammpisten rum eiern zu müssen.
Sie zeigt uns ein Video, das evakuierte Touristen aus dem Rettungshelikopter gefilmt haben. Der Samburu NP ist komplett und ich meine komplett!! überschwemmt. Hier ist kein Durchkommen, außer mit einem Boot. Auch die Strecke über Laisamis über Ilaut ist nur die ersten 30 km zu befahren. Freunde von ihr mussten vor wenigen Tagen umkehren, weil sich das Wasser einfach seinen Weg sucht und irgendwo schlangenförmig entlang fliest. Na das sind ja Aussichten.
Wir überlegen nun doch die Westroute des Turkana Sees zu fahren, doch Grace sagt strickt “No”. Um Kainuk herum gibt es bewaffnete Banditen. Touristen, die von Kitale aus in den Norden fahren wollen müssen auf das Militär warten, um im Konvoi hier durch zu fahren. Irgendwie scheint irgendwer nicht zu wollen, dass wir den Lake Turkana sehen…
Aber so schnell geben wir nicht auf. Wir entschließen uns erst einmal in den Norden zu fahren und dann erneut zu schauen, welche Route entlang der Ostseite des Sees eventuell möglich ist. Die Wettervorhersage ist nicht super gut, aber auch nicht besonders schlecht.
Freitag der 13.
13.12.2019
Wir bemühen uns noch einmal das Geld für die Reifen wieder zu bekommen und es diesem Schluri Charlie nicht zu einfach zu machen. So führt uns unser Weg zum Ethics and Anit-Corruption Department, um die korrupte Polizisten, die ohne vorab Bezahlung nicht tätig werden wollen zu melden und unseren Fall erneut vorzutragen. Der zuständige Advokat ist sehr freundlich, aber so gar nicht an den korrupten Polizisten interessiert. Statt dessen ruft er umgehend Charlie an. Dieser geht sogar ans Telefon und ich bin von der ruhigen aber strickten Art, mit der der Anwalt mit Charlie spricht beeindruckt. Er setzt ihm ein Ultimatum, bis wann das Geld an Didi zurück überwiesen werden muss. Falls dies nicht geschieht sollen wir zum Police Headquarters. Da unser Visum ausläuft, warten wir die langwierige Überweisung, an der wir sowieso zweifeln nicht ab und gehen schnur stracks zur Polizei.
Im Polzei Headquarter erlebe ich den wohl dümmsten Polizisten, der auf Erden wandelt. Didi hat Glück und arbeitet mit einem jungen engagierten cleveren zusammen. Ich muss mich 4 Stunden… in Worten v i e r Stunden!!! mit dem anderen unterhalten. Meine Geduld wird stark strapaziert und ich will mehrmals schon abbrechen und gehen.
Protokolle werden geschrieben, aber auch hier wird nichts mehr passieren, denn auch “mein” Polizist hat mir mehrmals zu verstehen gegeben, dass wir ja reich sind und der arme Charlie arm und er selbst noch viel ärmer…