17.11.2019
Vor einigen Tagen hoppelt VAnGO beim Fahren plötzlich. Ein Rundgang um das Auto ergibt, dass das rechte Hinterrad eine Beule/Blase hat. Die Lauffläche hebt sich so sehr, dass es sich beim Fahren anfühlt, als ob man über Hubbel fährt. Plop, plop, plop…hoppel die hoppel die hopp… nicht gut. Der Reifen könnte ja auch jederzeit platzen. Doch jetzt haben wir ja ein Ersatzrad, das wir sogleich montieren.
Ca 200km später auf dem Campingplatz stellt Didi leider fest, dass nun auch das linke hintere Rad eine Beule hat. Nicht so schlimm wie beim anderen Reifen, aber man sieht den Schaden schon. Oh Mann!!! Jetzt reicht es aber langsam.
Wir rätseln natürlich nach dem “Warum”. War es das tiefe Schlagloch, das wir zu spät gesehen haben und mit Krawums genommen haben, oder ist es die chinesische Qualität? Vielleicht auch beides zusammen? Fest steht, dass bei beiden Reifen die Karkasse gebrochen ist. Wie lange werden die anderen beiden Reifen noch halten? 200, 2000 oder 20000 km? Das Risiko ist einfach zu groß, damit weiter zu fahren. Wir kommen bald in Gegenden, in denen Zuverlässigkeit des Autos das höchste Gut ist, das wir haben können. Ein Defekt auf der 900km langen, menschenleeren Piste am Lake Turkana oder auch in Äthiopien wäre fatal. Dort können wir auf keinen Ersatz hoffen!
Bis Kampala sind es 300 km. Die Fahrt dorthin ist uns zu heikel. In Fort Portal gibt es unsere Reifengröße natürlich nicht. Didi kontaktiert einen Reifenhändler von tyrexpress in Kampala. Angeblich hat er mehrere Typen unsere Reifengröße vorrätig. Das ist schon mal gut. Jetzt, am Samstag Abend, kommen wir aber nicht mehr weiter mit den Fragen, die wir noch haben.
Die Jungs vom Campingplatz haben natürlich mitbekommen, dass wir neue Reifen suchen. Der Manager möchte seine Chefin kontaktieren. Sie lebt in Kampala und würde uns gerne helfen!! Hm… ihr könnt euch ja denken, dass wir aufgrund unserer Erfahrungen erst einmal skeptisch sind. Wir telefonieren mit ihr und sie hat auch schon sehr teure Reifen in unserer Größe gefunden, die aber leider für unser Auto zu schwach sind (load index ist zu niedrig). Ich frage die Dame auch gleich, wie das denn –im Fall sie findet noch andere, für uns geeignete Reifen- mit der Bezahlung laufen soll. Wir müssten ihr den kompletten Betrag vorab überweisen. Anschließend würde sie dafür sorgen, dass die Reifen mit einem Überlandbus zu uns transportiert werden. In Vorkasse tritt sie auf keinen Fall. Es könnte ja sein, dass irgend etwas mit dem Bus ist… aha!! Am Montag Morgen (nachdem sie am Sonntag Abend von ihrem Manager erfahren hat, dass wir kein Geld transferieren werden, ohne die Reifen in den Händen zu halten) distanziert sie sich dann von dem Geschäft. Welch eine Überraschung! Mitten in der ganzen Geschichte, war dann noch ein Motorradtaxifahrer in Kampala involviert, der statt der Campingplatzbesitzerin unsere “Vertrauensperson” vor Ort sein sollte… und…und…und… ihr könnt euch nicht vorstellen, wie das hier abläuft. Man muss es wirklich erlebt haben, um es zu glauben. In Afrika funktioniert nichts, ohne dass nicht möglichst viele Leute daran mitverdienen wollen. Verheimlichen kann man sein Anliegen leider auch nicht, weil alle Aktivitäten sofort bemerkt und weiter erzählt werden. Wenn man etwas selbst erledigen möchte hat man dann schlechte Karten, weil sie einem kurz vor dem eigenen Erfolg Knüppel zwischen die Beine werfen….es kann ja nicht sein, dass niemand anderes, außer Käufer und Verkäufer ein Geldgeschäft machen.
Am Montag fahren wir in Fort Portal umher und finden einen city tyre Reifenhändler. Der Inder verspricht helfen zu können und wir fragen sofort nach der Art und Weise der Bezahlung. Sobald er die richtigen Reifen in Kampala gefunden hat, bestellt er sie und wir bezahlen erst, wenn wir die Reifen abholen. Na das klingt doch schon mal gut. Leider hat der Reifenlieferant des Inders unsere Größe nicht vorrätig. Aber wir wissen ja, wo es welche gibt. Jetzt müssen wir nur noch tyrexpress dazu bringen an die Konkurrenz, die city tyres zu liefern, damit wir hier vor Ort nach Erhalt der Ware bezahlen können.
Leider ist der tyrexpress Mensch ein Einzelhändler und liefert nicht an den Inder. Doch letzterer hat in zwei Tagen geschäftlich in Kampala zu tun. Er verspricht unsere Reifen für uns mitzubringen. Wir sind dankbar für sein Verständnis.
Am Tag darauf meldet sich der Verkäufer von tyrexpress. Ob er einen Mann seines Vertrauens plus Reifen mit dem öffentlichen Bus schicken soll? Na klar doch. Wir hatten ihm bereits vorgeschlagen eine Vertrauensperson in Fort Portal mit der Übergabe zu beauftragen. Doch er kennt hier wohl niemanden. Es vergeht wieder ein Tag und die Lieferung verspätet sich um vier Stunden, weil der Bus voll war. Mit dem nächsten Bus sollen unsere Reifen aber ganz bestimmt geliefert werden. Das Geld soll dann dem Kontaktmann in bar ausgehändigt werden. 3.770.000,—Uganda Schilling.
Der Bus kommt tatsächlich mit Reifen und Kontaktperson an. VAnGO dient als sicherer Geldübergabeort.
Geld weg, Reifen ins Auto und los geht s. Leider gibt es in Fort Portal keine Reifenmontiermaschine, und auf eine Montage mit Brecheisen und Vorschlaghammer hat Didi wenig Lust. So fahren wir mit vier Reifen auf unserer Couch Richtung Süden. Nach 70 km finden wir in Kasese tatsächlich eine solche Maschine. Wie wir erfahren die einzige im Umkreis von ca. 250km!
Als ich aus dem Auto aussteige hält neben mir ein Toyota Hilux. Ich schaue auf dessen Reifen. Die Felgengröße könnte doch die gleiche wie unsere sein? Ja, tatsächlich. 17 Zoll Felgen. Sofort spreche ich den Fahrer des Wagens an, ob er unsere buckshot Reifen kaufen möchte. Er fragt sofort, weshalb wir die Reifen verkaufen möchten und scheint interessiert zu sein. Ich nenne den Preis, dass wir das Geld in bar haben möchten und dass er warten muss, bis alle Reifen getauscht sind. Dann bin ich erst mal beschäftigt. Der Mann hat nun Zeit, um darüber nachzudenken und telefoniert.
In der Zwischenzeit haben die Monteure mit Schwierigkeiten zwei Reifen gewechselt. Mit dem dritten müssen sie über zwei Stunden kämpfen. 6 Mann zerren am Reifen, hebeln, hämmern und hüpfen darauf herum! Sie bekommen ihn nicht soweit abgedichtet, dass Luftdruck aufgebaut werden kann und der Reifen auf die Felge “springt”.
Unser potentieller Käufer fährt erst einmal weg. Er sagt, dass er das Geld besorgen möchte. Anscheinend hat er jemanden gefunden, der an unseren Reifen interessiert ist. Er hat Fotos gemacht, die Reifen inspiziert und ewig viele Telefonate geführt. Er selbst sei nicht interessiert, da es nicht sein Auto, sondern das einer Hilfsorganisation ist, für die er arbeitet. Als er wieder kommt, versucht er erneut den Preis zu drücken. Ich erkläre, dass der Preis schon extrem niedrig angesetzt ist und es keinen Verhandlungsspielraum gibt. Take it or leave it. Nimm deine Chance wahr oder verpasse ein gutes Geschäft. Er überreicht mir das Geld und meint ich solle es von einem Einheimischen prüfen lassen um sicher zu gehen, dass es kein Falschgeld ist. Das Geschäftemachen mit ihm ist echt lustig. Ich frage ihn wieviel er für die Reifen bekommt. Ein Drittel mehr, als er uns bezahlt. Ob ich jetzt immer noch happy bin oder die Reifen wieder zurück haben möchte? Ich sage, dass er mir seinen Kontakt nennen soll, dann nehme ich die Reifen und gebe ihm sein Geld wieder. “Those contacts are hard to get”, meint er. Mit Lachen verabschieden wir uns. Er ist happy und wir sind auch froh, dass wir wenigstens noch ein bisschen Geld für die Reifen bekommen haben und sie nicht noch bis Kampala, wo wahrscheinlich die nächste Möglichkeit zum Verkaufen gewesen wäre, mit uns rumfahren müssen.
Um 20:30 Uhr, nach kaum 4 1/2 Stunden sind die Reifen montiert und wir fallen hundemüde, aber glücklich das alles so gut geklappt hat, ins Bett.
In der Zwischenzeit hat übrigens Abe (der super nette Mann aus Moshi von Exuberant Kilimanjaro Safari) die Sache mit der Garantie in Arusha für uns geregelt. Es hat ihn Stunden gekostet und alles nur, um uns einen Gefallen zu tun. Ein echt toller Mensch, von denen es leider viel zu wenig auf dieser Erde gibt. Wir sind dankbar, ein solches Erlebnis haben zu dürfen. DANKE Abe!!!
Falls jemand den Kilimanjaro besteigen möchte (Preise sind überall gleich und Abe ist einfach der Beste):
ABE ist euer Mann. www.exuberantkilimanjorosafari in Moshi, Tanzania. Siehe auch iOverlander-App. Facebook. Info@exubernatkilimanjaros.com. Empfohlen auch bei tripadvisor.
Es ist für die, schon wegen der enormen Höhe des Berges, nicht ungefährliche Besteigung des Kilimanjaros wichtig, dass man mit einem erfahrenen, vertrauenswürdigen (und die sind leider sehr, sehr, sehr selten in Afrika, wie wir nur allzu oft selbst festgestellt haben) Mann geht. Einer auf den man sich 1000%ig verlassen kann. Für Abe und seinem Team ist die Zufriedenheit, der Wohlfühlfaktor und die Gesundheit ihrer Kunden das aller wichtigste. He would walk an extra mile for you to make you happy, sagt man im Englischen. So wie wir ihn kennen gelernt habe, geht er nicht nur die eine extra Meile sondern mindestens hundert.